Der Deutsch-Blick
FORUM (Bahn Radsport)
(cyclisme sur piste)
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Ich, 3. Platz im Punkte Fahren - die spätere Teilnahme für das Amateur Vorprogramm bei den Berliner Sixdays 1966, in der Deutschlandhalle |
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Reinhold Habich, genannt "Krücke", ist das letzte Berliner Stadt-Original (Photo: 1911) |
Pfeifverzierungen "Krückes" dem späteren "Berliner Sportpalast Walzer" -
zu hören bei 6-Tagerennen (Sixdays) - bis heute
Berlin, lieben oder lassen, gleichgültig, nee!
Berlin, aime ou pars, indifférent, non! par Jürgen Deutsch
Deutschlandhalle und Berliner Sportpalast futsch
"KRÜCKES" Sportpalastwalzer aber bleibt
Reinhold Habich, genannt "Krücke" ist das letzte
Berliner Stadt-Original
Deutsch-Zeit auf den Punkt aus Berlin
von Jürgen Deutsch
"Krücke" wurde 1911 mit seinen auf zwei Fingern gepfiffenen Verzierungen
zum Walzer "Wiener Praterleben" (Komponist, Translateur) für alle Ewigkeit zum
"Berliner Sixday Original". Noch heute ist der Sportpalast Walzer die Erkennung-
Melodie für 6-Tagerennen im Berliner Velodrom und weltweit. "Krückes" Sport-
palast Walzer ist untrennbar mit ihm verbunden. Geboren am 08. Januar 1889
wuchs er in einer Mietskaserne am Straußberger Platz, einem proletarischen
Berliner District, Friedrichshain auf. Ganz in der Nähe begegnete Alfred Döblin,
seine Milieu-Typen und erfuhr von ihren tragischen Geschichten für seinen
Welt-Roman "Berliner Alexanderplatz".
Bis 1905 träumte Reinhold davon ein großer Radrenn-Pedaleur zu werden. Sein
Traum endete jäh, mit dem Sturz auf regennasser Fahrbahn und wurde dabei von
einer herannahenden Straßenbahn überfahren. Seine übergroße Begeisterung zum
Radsport und sein mit Sarkasmus gepaarter Berliner Jargon, mit "Herz und
Schnauze" halfen ihm, seine Behinderung, zeitweise zu überwinden. Der 16 jährige
Reinhold hatte auch nichts gegen seinen baldigen Spitznamen "Krücke", als
Radsportler vor dem Treptower "Nudeltop" (eine fast kreisrunde Radrennbahn
mit supersteilen Kurven) seine Unterarm Krücke in einen Baum versteckten und
Reinhold nach seinem lauten , empörten Brüllen: "Meene Krücke, jebt ma
meene Krücke wieda!" von diesem Moment an, seinen Spitznamen "Krücke"
weg hatte.
Ende de 1950ziger und Anfang der 60ziger gingen im damaligen West-Berlin, mit
dem Siyday-Veranstalter Hans Preiskat, - pro Winterbahn Saison - zwei
6-Tagerennen an den Start. Zum Saisonbeginn des Rundenkarussels in der 1957
wiederaufgebauten - 16 000 Zuschauer fassenden und seinem freitragendem Dach -
DEUTSCHLAND HALLE und am Ende des Sixday Saison-Kalenders im
ehrwürdigen, strahlkräftigen BERLINER SPORTPALAST in der Potsdamer Straße
72/73 in Schöneberg, mit seinem damaligen Straßenstrich (Prostitution). In der
heutigen Toreinfahrt ist eine Gedenktafel der Tradition Arena zu bestaunen.
In seinem gesponserten "Wurzelpeter Trikot" (Kräuterlikör) war "Krücke" -
gemeinsam mit den 6-Tage Pedaleuren - in beiden Sport Arenen der
Publikumsliebling. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die billigen Stehplätze
auf dem "Heuboden", über der Steilkurve, im Berliner Sportpalast. Hier amüsierte
und verfolgte das Radsportbegeisterte Milieu das Renngeschehen.
Die Sportbegeisterung schlug höher wenn während der 6-Tage, Siegermannschaften,
nach der 1-Stundenjagd, Bierkästen für den "Heuboden" spendierten.
Im Sommer 1958 begegnete ich "Krücke" das Erstemal, im Vereinslokal der
Kreuzberger Rvg. von 1889 , in der Pückler Straße 33 ( Eisenbahn Markthalle)
in dem ich als 14 jähriger Radrennfahrer, Mitglied war. "Krücke" gehörte vor
dem Zweiten Weltkrieg der Renngemeinschaft "Rennhahn" an, die sich in der
westlich - vom Kottbusser Tor aus - gelegenen Reichenberger Straße befand und
nach dem Krieg Reinhold, der Kreuzberger Rvg. beitrat.
1961 gewannen die Kreuzberger Jugendfahrer - so bezeichnete man die damaligen
unter 18 jährigen Radrennfahrer - Wiemer, Deutsch, Poltrock und Gehrmann, die
die 50 Km "Vierer Zeitfahr Straßen Jugend Meisterschaft", auf der Straße des
17. Juni vor dem stark fahrenden Gegner "Zugvogel".
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Ich bin Jürgen Deutsch Je suis Jürgen Deutsch |
"Krücke", in seinem Sponsoren Trikot "Wurzelpeter" gekleidet, am Ernst-Reuter-
Haus stehend, gratulierte uns zum Sieg, vor dem im Hintergrund parkenden - mit
Werbung "Kölner Schnelzflocken" beschriftet - VW-Vereinsbus, als Erster.
Was wir als 18 jährige alle ganz toll fanden.
Das 53. Berliner 6-Tagerennen (1964) 75 jährig, erlebte "Krücke" nicht mehr. Bis zu seinem
Ableben wohnte er in BERLIN SO36, der Kreuzberger Lobeckstraße 82.
Berlin verlor mit "Krücke" eines seiner letzten Stadt Originale.
"Pump ma mal Deen Kopp, ick will meene Schwiejamutter een Scherck injaren"
det war "Krücke" wie er leib- und lebte.
Jürgen Deutsch (Autor)
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