Der Deutsch-Blick
Deutschlandhalle und Berliner Sportpalast "futsch"
"Krücke's" Sportpalastwalzer aber bleibt!
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"Krücke" (bürgerlicher Name: Reinhold Habich) |
Reinhold Habich, genannt "Krücke", ist das letzte Berliner Stadt-Original
"Krücke" wurde 1911 mit seinen auf zwei Finger gepfiffenen Pfeifverzierungen zum Walzer "Wiener Praterleben" ( Komponist, Translateur) für alle Ewigkeit zum Berliner
Sixday Original. Noch heute ist der Sportpalast Walzer die Erkennungsmelodie für
6-Tagerennen, weltweit. "Krücke's" Sportpalastwalzer ist untrennbar mit ihm verbunden. Geboren am 08. Januar 1889 wuchs er in einer Mietskaserne am Straußberger Platz, einem proletarischen Berliner Bezirk - Friedrichshain - auf. Ganz in der Nähe begegnete, Alfred Döblin, seine Milieu-Typen und erfuhr von ihren tragischen Geschichten für seinen Welt-Roman "Berlin-Alexanderplatz".
Bis 1905 träumte Habich davon ein großer Radrenn-Pedaleur zu werden. Sein Traum endete jäh, mit dem Sturz auf regennasser Fahrbahn und wurde dabei von einer herannahenden Bimmelbahn überfahren. Seine große Begeisterung zu Straßen-Rad-Renn-Sport und sein mit Sarkasmus gepaarter Berliner Jargon, mit "Herz und Schnauze", halfen ihm seine Behinderung, zeitweise zu überwinden. Der 16 jährige Habich hatte auch nichts gegen seinen baldigen Spitznamen "Krücke", als Radsportler vor dem "Nudeltop" in Treptow (eine fast kreisrunde Radrennbahn, mit supersteilen Kurven) seine Unterarm Krücke in einen Baum versteckten und Habich nach seinem lauten, empörten Brüllen: "Meene Krücke, jebt ma meene Krücke wieda!" von diesem Moment an, seinen Spitznamen "Krücke" weg hatte.
Ende der 1950ziger und Anfang der 60ziger Jahre gingen im damaligen West-Berlin, mit dem Sixday-Veranstalter Hans Preiskat, - pro Winterbahnsaison - zwei 6-Tagerennen an den Start
(Deutschlandhalle & Berliner Sportpalast). Zum Saisonbeginn des Runden Karussells in der 1957 wiederaufgebauten - 16000 Zuschauer fassenden, mit freitragendem Dach - ohne Säulen, so das jeder Zuschauer im Rundbau freie Sicht hatte - Deutschlandhalle und am Ende des 6-Tage Rennkalender im ehrwürdigen Berliner Sportpalast in Schöneberg, Potsdamer Straße 72/73, mit seinem damaligen Straßenstrich. In der Toreinfahrt ist heute eine Gedenktafel der Tradition Arena zu zu bestaunen.
In seinem gesponserten "Wurzelpeter" Trikot (Kräuterlikör) war "Krücke" - gemeinsam mit den 6-Tage Pedaleuren - in beiden Sportarenen der Publikumsliebling. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die billigen Stehplätze auf dem "Heuboden" über der Steilkurve, im "Berliner Sportpalast". Hier amüsierte und verfolgte das Radsport begeistere Milieu das Renngeschehen.
Die Sportbegeisterung schlug höher wenn während der 6-Tage, Siegermannschaften, nach der 1-Stundenjagd, Bierkästen für den "Heuboden" spendierten.
Im Sommer 1958 begegnete ich "Krücke", das erste mal im Vereinslokal der Kreuzberger Rvg. von 1889 in der Pückler Straße 33 (Eisenbahn Markthalle), in dem ich als 14 jähriger Radrennfahrer, Mitglied war. "Krücke" gehörte vor dem Zeiten Weltkrieg der Renngemeinschaft - Rennhahn an, die sich in der westlich - vom Kottbusser Tor aus gelegenen - Reichenberger Straße befand und er nach dem Krieg der Kreuzberger Rvg. beitrat.
1961 gewannen die Kreuzberger Jugendfahrer - so bezeichnete man die damaligen unter 18jährigen Radrennfahrer Wiemer, Deutsch, Poltrock und Gehrmann - die 50 Km "Vierer Mannschaft Straßen Jugend-Meisterschaft" auf der Straße des 17. Juni, vor dem stark fahrenden gegnerischen Verein Zugvogel. "Krücke" in seinem Sponsoren Trikot "Wurzelpeter" gekleidet, am Ernst Reuter Haus stehend, gratulierte uns, vor dem im Hintergrund parkenden - mit der Werbung "Kölner Schmelzflocken" beschrifteten VW-Vereinsbus als Erster. Was wir als 18 jährige alle ganz toll fanden.
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Ich - Berliner Straßen Meisterschaft 1965 (Photo: Fontane Str. Ecke Columbia Damm |
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Jürgen Deutsch / Bahnrennen 1965 / Deutschlandhalle |
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Jürgen Deutsch / Opinion of press |
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Jürgen Deutsch |
Das 53. Berliner 6-Tagerennen (1964) erlebte "Krücke" nicht mehr. Bis zu seinem Ableben wohnte er in Berlin SO 36, der Kreuzberger, Lobeckstraße 82.
Berlin verlor mit "Krücke" eines seiner letzten Originale. "Pump ma mal Deen Kopp, ick will meene Schwiejamutter een Schreck injaren" das war "Krücke" wie er leib- und lebte.
Jürgen Deutsch
Deutsch-Blick.blogspot.de
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